Im 12. Jahrhundert wurde in Deutschland die gesamte soziale Ordnung nach den Prinzipien des Lehnsrechts bestimmt. Das Lehen begründete dabei einen Vertrag auf Gegenseitigkeit: Es verpflichtete den Lehnsmann (auch Lehnsnehmer) zu Treue und ritterlichem Kriegsdienst gegenüber seinem Lehnsherrn. Dieser überließ dem Lehnsmann dafür die Bodenrechte an seinem Grundbesitz einschließlich aller Einnahmen, genehmigte ihm die Bekleidung öffentlicher Ämter und weitere Vergünstigungen. Fiel das Lehn beim Tode des Lehnsmannes anfänglich noch an den Lehnsherrn zurück, setzte sich bald auch die Erblichkeit der Lehen durch. Das Verfügungsrecht der Lehnsmänner war jedoch eingeschränkt: Das Obereigentum blieb weiter bei den Lehnsherren, Verkäufe oder andere Besitzübertragungen waren grundsätzlich zustimmungspflichtig. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Lehnswesen als Grundlage der staatlichen Ordnung abgeschafft, die Lehen wurden - teils gegen, teils ohne Entschädigung - in das uneingeschränkte Privateigentum der Besitzer umgewandelt (Allodifikation).

Das Lehnswesen war im Mittelalter streng hierarchisch gegliedert. Oberster Lehnsherr war der König an der Spitze des Reichs. Lehnsherren die reichsunmittelbaren regierenden Herzöge, Erzbischöfe, fürstlichen und gräflichen Häuser des hohen Adels. Lehnsmänner die Angehörigen des niederen Adels (Ritter, Freiherren, Barone, Edle und Adelige mit dem Namenstitel "von").

Durch kostspielige Hofhaltungen waren viele Herrschaftshäuser im Laufe der Jahrhunderte stark verschuldet. Die Belehnung wurde deshalb später häufig mit der Maßgabe verbunden, die Schulden der Besitzungen mit zu übernehmen - sie wurden praktisch durch Schuldenablösung erworben. Eine Belastung, die für viele Lehnsmänner langfristig nicht tragbar war. Die Folge waren häufige Besitzerwechsel, oft im Zeitraum von nur wenigen Jahrzehnten.

 

 


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