Fortsetzung

Nach langer Suche kann Augustin Steube im Dezember 1708 endlich eine Stelle als reformierter Pfarrer in Drechen in der Grafschaft Mark antreten, die er einem Bittgang seiner Frau beim Berliner Kirchenkonsistorium verdankt. Hier in der kleinsten und westlichsten Provinz des Königreichs Preußen, weit weg von Berlin, beginnt er sein neues aristokratisches Leben. Er setzt das Adelsprädikat vor seinen Namen, führt sich bereits bei der Ankunft als Königlicher Prediger Augustin von Steube offiziell in sei neues Amt ein. War es ein öffentliches Bekenntnis zu seiner eigenen aristokratischen Herkunft – möglicherweise auf Drängen der preußischen Krone – um die Heirat mit seiner hochadeligen Gemahlin in der bäuerlich geprägten Gemeinde Drechen glaubhaft zu machen? Oder eine eigenmächtige Nobilitierung, um endlich die ersehnte gesellschaftliche Akzeptanz in der preußischen Adelsgesellschaft zu erlangen? Die Gründe für diesen Schritt sind bis heute umstritten und können nur vermutet werden.

Nach harten Jahren der Flucht, Demütigung und Arbeitslosigkeit beginnt für die Familie eine glückliche und erfolgreiche Zeit. In Drechen werden nicht nur die drei jüngsten Kinder geboren (Christian, Christiane Polyxene, Gottfried Gerhard). In dem Bestreben, die Bibel für jeden Menschen verständlich zu machen, verfaßt der Prediger hier schließlich auch sein Lebenswerk „Die Erklärung des Neuen Testaments“. Ein Gesamtwerk von insgesamt 1240 Seiten, auf Büttenpapier gedruckt und in Schweinsleder gebunden. Im Jahre 1715 bringt sich Augustin von Steube damit auch beim preußischen Hof wieder im empfehlenswerte Erinnerung – er reist nach Berlin und hält vor der königlichen Familie eine Gastpredigt in der Domkirche. Zwei Exemplare seines Werkes in Goldschnitt und Glanzledereinband schickt er anschließend mit persönlicher Widmung an die reformierten Könige Georg I. von England und Friedrich Wilhelm I. von Preußen, seinem langjährigen Kirchenpatron.

Familienverband

Ein Präsent, das seine Wirkung offenbar nicht verfehlt: Der preußische Soldatenkönig beruft den 65-jährigen Schriftsteller im Frühjahr des Jahres 1727 zum Königlichen Oberprediger an die reformierte Kirche in Brandenburg, seine Söhne nimmt er in seine Dienste: Johann Carl Constanz bekommt die Pfarrei in Drechen, Christian Ludwig und Wilhelm Augustin dienen als Offiziere im Festungsbau. Bei des letzteren erstgeborenen Sohn übernimmt der König nicht nur die Patenschaft, er gibt dem Täufling sogar seinen Namen: Friedrich Wilhelm Gerhard Ludolph Augustin von Steuben. Ein Mann, der später als amerikanischer Generalmajor einmal Weltgeschichte schreiben sollte.


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